staufisches Kaisertum gegen universales Papsttum: Herren der ganzen Christenheit?

staufisches Kaisertum gegen universales Papsttum: Herren der ganzen Christenheit?
staufisches Kaisertum gegen universales Papsttum: Herren der ganzen Christenheit?
 
Lothar III.
 
Nach dem Tode des 1125 kinderlos verstorbenen Heinrich V. rechnete sein Neffe, der Staufer Herzog Friedrich II. von Schwaben, fest damit, von den Fürsten zum König gewählt zu werden. Diese wählten aber den 50-jährigen Herzog Lothar III. von Sachsen. Ein zeitgenössischer Bericht über die Königswahl rühmt dies als Sieg der kirchlichen Partei, und zweifellos wurde Lothar vor allem von den Bischöfen unterstützt. Aber er hielt an den Rechten des Königs bei den Bischofswahlen fest und erlangte 1133 bei der Erneuerung des Wormser Konkordats von Papst Innozenz II. sogar die Lehnsherrschaft über den weltlichen Besitz der Reichskirchen.
 
Dass Lothar sich gegenüber dem Papst in einer günstigen Position befand, war eine Folge der zwiespältigen Papstwahl des Jahres 1130. Damals hatte eine Minderheit der Kardinäle Innozenz II. gewählt, während die Mehrheit Anaklet II. erhob. Die Wähler Innozenz' stammten aus Frankreich und aus Oberitalien; dies trug dazu bei, dass dieser Papst rasch in Frankreich anerkannt wurde. Die rednerische Überzeugungskraft Bernhards von Clairvaux brachte dann auch die Anerkennung Innozenz' II. in Deutschland. 1133 führte Lothar III. diesen Papst nach Rom und wurde von ihm zum Kaiser gekrönt. Bei einem zweiten Italienzug (1136/37) ging es darum, den mächtigsten Anhänger Anaklets II., Roger II. von Sizilien, zu besiegen. Lothar erzielte zwar in Apulien militärische Erfolge, aber einen endgültigen Sieg über die Normannen konnte er nicht erringen.
 
Zwei Streitpunkte, die unter den staufischen Kaisern das Verhältnis zu den Päpsten bestimmen sollten, deuteten sich schon unter Lothar III. an. Der eine war der Anspruch des Papstes auf die Toskana, das Erbe Mathildes von Tuszien. Der andere war der päpstliche Anspruch auf die Lehnsherrschaft über die normannischen Gebiete in Unteritalien und Sizilien. In beiden Fragen fand sich Lothar zum Kompromiss bereit: Das mathildische Erbe wurde als päpstliches Lehen an den Schwiegersohn des Kaisers gegeben, und nach der Niederlage Rogers II. in Unteritalien übertrugen Papst und Kaiser gemeinsam einem neuen Lehnsmann die Herrschaft über Apulien.
 
 Konrad III.
 
Als seinen Nachfolger hatte Lothar III. seinen Schwiegersohn Heinrich den Stolzen ausersehen, den Herzog von Bayern, der aus dem Haus der Welfen stammte. Gewählt wurde aber der Staufer Konrad III. (1139—52), der bereits zwischen 1127 und 1135 als Gegenkönig wenig erfolgreich agiert hatte. Konrad sprach dem Welfen sofort dessen Herzogtümer Bayern und Sachsen ab. Bayern wurde an die Babenberger gegeben; in Sachsen konnten sich die Welfen aber letztlich durchsetzen. Die Kaiserkrone konnte Konrad III. nicht erlangen. In einer schwierigen Situation für das Reich legte er 1146 ein Kreuzzugsgelübde ab und zog in den Orient. Seine größte Tat war wohl seine Designation Friedrichs von Schwaben zu seinem Nachfolger, auf den er die Wähler verwies, obwohl er selbst einen Sohn besaß.
 
 Friedrich I. Barbarossa
 
In der Person Friedrichs I. konnte der Gegensatz zwischen Staufern und Welfen überwunden werden, da seine Mutter eine Welfin war. Vor seiner Wahl hatte es wohl eine Absprache mit dem welfischen Herzog von Sachsen, Heinrich dem Löwen, gegeben, der 1156 das seinem Vater aberkannte Bayern zurückerhielt. Den Babenbergern blieb Österreich, das 1156 zum Herzogtum erhoben wurde.
 
Friedrich I. betrieb von Anfang an eine intensive Italienpolitik. Als er 1155 zur Kaiserkrönung zog, entwarf er mit Juristen aus Bologna ein Programm zur Festigung der kaiserlichen Herrschaft über Italien mithilfe des römischen Rechts. Damit war ein Zusammenstoß mit dem Papst vorprogrammiert. Zum offenen Konflikt kam es, als auf einem Reichstag in Besançon 1157 ein Schreiben des Papstes Hadrian IV. (1154—59) verlesen wurde, in dem dieser die Kaiserwürde als »Lehen« des Papsttums bezeichnete. Als dann der Kaiser auf dem Italienzug von 1158 versuchte, die kaiserlichen Herrschaftsrechte durchzusetzen, kam es zum Kampf mit den an Unabhängigkeit gewöhnten Städten Oberitaliens. Diese verbanden sich mit dem Papst, und dieses Bündnis hielt bis zum Friedensschluss Barbarossas mit Alexander III. (1159—81) im Jahre 1177.
 
Dieser hatte schon als Kardinal auf einen Konflikt mit dem Kaiser hingearbeitet. Nach seiner Wahl zum Papst durch eine Mehrheit der Kardinäle wählte daher eine kaiserfreundliche Minderheit einen Gegenpapst, der sich Viktor IV. (✝ 1164) nannte. Alexander III. konnte sich in Italien nicht halten, sondern musste nach Frankreich ausweichen, das wieder — wie unter Urban II. oder Innozenz II. — die wichtigste Stütze des Papsttums war. Die militärischen Auseinandersetzungen des mit den lombardischen Städten verbündeten Papstes mit dem Kaiser gipfelten in der Niederlage Barbarossas bei Legnano (1176) ; die diplomatischen Fähigkeiten des Kaisers entfalteten sich erst danach, als er trotz dieser Niederlage noch einen für ihn günstigen Frieden erreichen konnte (1183).
 
Neue Spannungen zwischen Kaiser und Papst bauten sich auf, als 1186 der als Nachfolger Friedrichs I. ausersehene Heinrich (VI.) die Erbin des Königreichs Sizilien heiratete. Die Päpste mussten befürchten, zwischen dem bis nach Mittelitalien reichenden Kaiserreich und dem unteritalienischen Königreich eingezwängt und in ihrer Selbstständigkeit behindert zu werden.
 
 Heinrich VI. — Versuch der Erringung der Weltherrschaft?
 
Als Heinrich VI. 1190 die Herrschaft im Reich antrat, war er entschlossen, das sizilische Erbe seiner Frau zu erringen. Dies gelang jedoch erst, nachdem Heinrich aus der Gefangennahme des vom Kreuzzug heimkehrenden englischen Königs Richard Löwenherz im wahrsten Sinn des Wortes Kapital geschlagen hatte. Mithilfe des englischen Lösegelds konnte Heinrich VI. einen erfolgreichen Kriegszug vorbereiten und 1194 die Krönung in Palermo erreichen.
 
Um das deutsche Königtum auch in Zukunft seinem Geschlecht zu erhalten, wollte Heinrich gegen Zugeständnisse an die Fürsten deren Königswahlrecht ablösen (Erbreichsplan). Der Widerstand der deutschen Fürsten, vor allem aber des Papstes, vereitelte das Vorhaben. Da Heinrich VI. schon im September 1197 starb, blieb ein geplanter Kreuzzug unausgeführt. Ob er dabei mehr im Sinn hatte als eine Wiedereroberung Jerusalems, etwa einen Ausgriff nach Byzanz und Nordafrika, ist nicht mehr zu entscheiden.
 
 Innozenz III. und die deutsche Doppelwahl von 1198
 
Im Jahr 1198 wurde der erst 37-jährige Kardinal Lothar von Segni als Innozenz III. zum Papst gewählt. Seine erste Sorge galt der Wiederherstellung der Herrschaft über den Kirchenstaat. Auch die päpstliche Oberherrschaft über das normannische Königreich wollte er wieder erringen, um die Verbindung zwischen Unteritalien und dem Reich auf Dauer zu beseitigen.
 
Die aggressive Italienpolitik der Kaiser, die das Papsttum in die Defensive gedrängt hatte, war mit dem Geschlecht der Staufer verbunden; daher stand Innozenz III. dem 1198 zum König gewählten Staufer Philipp von Schwaben sehr distanziert gegenüber. Auf Betreiben von Richard Löwenherz war auch dessen Neffe, der Welfe Otto von Braunschweig, ein jüngerer Sohn Heinrichs des Löwen, von einer Minderheit der Reichsfürsten zum König gewählt worden. Während Otto am traditionellen Krönungsort Aachen gekrönt werden konnte, wurde der Staufer in Mainz gekrönt: zwar am falschen Ort, aber mit den echten Reichsinsignien.
 
Hinsichtlich des Verhältnisses zum Papst war Otto von Anfang an im Vorteil. Er konnte in seinem Wahlschreiben Innozenz auf die Treue seines Vaters gegenüber dem römischen Stuhl verweisen und auch darauf, dass er sich bei seiner Wahl eidlich verpflichtet habe, die Rechte und Besitzungen der römischen Kirche zu achten und auf das Spolienrecht, das Recht auf den beweglichen Nachlass verstorbener Bischöfe, zu verzichten. Philipp dagegen befand sich zur Zeit seiner Wahl im Kirchenbann wegen seiner Übergriffe auf den Kirchenstaat, die er als Herzog der Toskana begangen hatte.
 
1201 sprach sich Innozenz III. zugunsten des Welfen aus. Ein päpstlicher Legat proklamierte ihn in Köln zum Römischen König und verhängte über alle den Bann, die sich ihm entgegenstellen würden. 1204 änderte sich die Lage im Reich, und der Kölner Erzbischof krönte im Januar 1205 Philipp und seine Gemahlin in Aachen noch einmal. Eine Änderung der päpstlichen Politik war allerdings damit nicht verbunden, weil Philipp nichts Eiligeres zu tun hatte, als sofort ein Heer nach Italien zu schicken, das die Mark Ancona und das Herzogtum Spoleto für das Reich zurückgewinnen sollte.
 
Erst Anfang 1207 löste ein päpstlicher Legat Philipp vom Bann und führte einen Waffenstillstand zwischen Otto und Philipp herbei. Wenig später wurde dem Staufer die Kaiserkrone in Aussicht gestellt; Otto IV. sollte eine Entschädigung erhalten. Ehe aber Endgültiges geschah, wurde Philipp im Juni 1208 vom Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach aus persönlicher Rache ermordet. Die Fürsten und die Ministerialen gingen zu Otto über. Die Aussöhnung zwischen Welfen und Staufern wurde durch eine Heirat besiegelt: Otto IV. heiratete die älteste Tochter des Ermordeten, Beatrix. Der Mörder wurde vom König mit der Reichsacht belegt.
 
 Otto IV.
 
Ehe Otto die Kaiserkrone erhalten konnte, musste er auf den Kirchenstaat und die mathildischen Güter, auf das Spolienrecht und auf den Einfluss bei den Bischofswahlen verzichten. Im Spätsommer 1209 trat Otto IV. seine Romfahrt an; bei seiner ersten persönlichen Begegnung mit dem Papst weigerte er sich, seine Zusagen zu wiederholen, weil er sie ohne Befragen der Reichsfürsten gemacht habe. Der Papst führte die Kaiserkrönung im Oktober 1209 dennoch durch. Es zeigte sich aber, dass Otto nicht bereit war, auf die umstrittenen Reichsrechte zu verzichten. 1210 rückte er dann sogar ins Königreich Sizilien ein. Daraufhin wurde Otto im November 1210 gebannt. Dennoch gelang es dem Kaiser, Apulien und Kalabrien zu erobern. Als er nach Sizilien übersetzen wollte, erreichte ihn die Nachricht, dass die Fürsten im September 1211 in Nürnberg auf Empfehlung des Papstes und des französischen Königs Friedrich von Sizilien, den Sohn Heinrichs VI., zum deutschen König gewählt hatten.
 
 Die Anfänge Friedrichs II.
 
Friedrich befand sich damals noch in Sizilien. Er brach im Frühjahr 1212 aus Palermo auf und wurde in Rom als zukünftiger Kaiser gefeiert; im Dezember wurde er in Mainz zum König gekrönt. Im Juli 1213 akzeptierte er alle Zusagen, die Otto IV. gegenüber der Kurie gemacht hatte; auch die Fürsten mussten sie bestätigen.
 
Die Entscheidung zwischen Friedrich II. und Otto IV. fiel nicht in Deutschland, sondern in Flandern. In der Schlacht von Bouvines am 27. Juli 1214 erlitt ein Heer der Engländer, in dem auch Otto IV. kämpfte, eine schwere Niederlage durch die Franzosen; Otto IV. selbst geriet beinahe in Gefangenschaft. Friedrich II. wurde im Juli 1215 noch einmal am traditionellen Krönungsort Aachen gekrönt; im Anschluss daran nahm er das Kreuz, als Zeichen für ein Kreuzzugsgelöbnis, was noch viele Verwicklungen zur Folge haben sollte.
 
Im August 1220 brach er nach Italien auf, um die Kaiserkrone zu erlangen. Vorher musste er dem Papst noch einmal versprechen, dass es keine Vereinigung zwischen dem Reich und Sizilien geben werde; außerdem musste er das Obereigentum der römischen Kirche über Sizilien anerkennen. Im November 1220 wurde Friedrich in der Peterskirche zum Kaiser gekrönt. Dabei nahm er noch einmal das Kreuz, diesmal aus der Hand des Kardinalbischofs von Ostia, des späteren Papstes Gregor IX. Im August 1221 sollte der Kreuzzug beginnen. Nachdem der Kaiser seinen Aufbruch mehrmals verschoben hatte, wurde dann im Juli 1225 ein Vertrag geschlossen, in dem der Kaiser unter Eid versprach, im August 1227 die Kreuzfahrt anzutreten. Die Stärke seiner Flotte und die Größe seines Heeres wurden genau festgelegt. Bei Nichterfüllung des Vertrags sollte der Kaiser dem Bann verfallen.
 
 Kampf mit dem Papst und den lombardischen Städten
 
Der neue Papst Gregor IX. (1227—41) war ein Verwandter Innozenz'III. Er bannte den Staufer, als der den Kreuzzug abermals aufschob. Der gebannte Kaiser zog dann 1229 ins Heilige Land, während päpstliche Truppen sein unteritalienisches Königreich verwüsteten. Nach der Rückkehr des Kaisers kam es zu einem Frieden mit dem Papst, in dem Friedrich zusagte, das Herzogtum Spoleto und die Mark Ancona als päpstliche Gebiete zu achten und die kirchlichen Wahlen in Kirchen und Klöstern Siziliens frei von seinem Einfluss durchführen zu lassen. Die Kirche sollte in Sizilien Steuerfreiheit und das Recht auf eigene Gerichtsbarkeit besitzen. Im August 1230 wurde der Kaiser daraufhin vom Bann gelöst.
 
Bereits 1226 hatten sich die lombardischen Städte gegen den Kaiser zusammengeschlossen; 1236 forderte Friedrich II. den Papst auf, mit Kirchenstrafen gegen die Städte vorzugehen. Gregor IX. beantwortete diese Bitte mit Beschwerden über die Bedrückung der Kirche in Sizilien durch den Kaiser und führte unter Berufung auf die Konstantinische Schenkung aus, der Stellvertreter Petri besitze die Herrschaft über Menschen und Dinge auf dem gesamten Erdkreis. Das Papsttum nahm also die weltliche Herrschaft über alle, auch über den Kaiser, in Anspruch.
 
Eine Verwirklichung dieses Anspruchs lag aber noch in weiter Ferne. Kaiser Friedrich konnte nämlich die Lombarden trotz ihrer zahlenmäßig überlegenen Heere 1237 bei Cortenuova vernichtend schlagen. Mailand war bereit, alle Forderungen des Kaisers zu akzeptieren; Friedrich aber forderte die Unterwerfung auf Gnade und Ungnade. Dem wollten die Mailänder nicht zustimmen. Der Krieg ging also weiter, und Friedrichs Belagerung Brescias im Jahre 1238 war ein erster Rückschlag. Die Belagerung schlug fehl, obwohl die Könige von Frankreich, England und Kastilien, der Kaiser von Nikaia und der ägyptische Sultan Al-Malik al-Kamil Hilfstruppen geschickt hatten, um für das monarchische Prinzip und gegen das städtische Freiheitsstreben zu kämpfen.
 
 Der Endkampf mit dem Papst
 
Gregor IX. bestärkte die lombardischen Städte in ihrem Widerstand und erreichte ein Bündnis der beiden Seestädte Genua und Venedig gegen Friedrich, das dessen wichtigste Machtbasis gefährdete, weil die Flotten dieser Städte Sizilien vom Meer her erreichen konnten. Als der Kaiser seinen Sohn Enzio mit einer sardischen Prinzessin vermählte, ihn als König von Sardinien bezeichnete und damit den päpstlichen Herrschaftsanspruch auf Sardinien ignorierte, bannte Gregor IX. im März 1239 den Kaiser erneut. Er warf ihm vor, die Kirche in Sizilien unterdrückt und Empörungen in Rom angestiftet zu haben, um Papst und Kardinäle aus Rom zu vertreiben, außerdem habe er sich geweigert, im Heiligen Land und in Konstantinopel mit Waffengewalt gegen die Feinde der Christenheit vorzugehen.
 
Friedrich rief im Gegenzug die Fürsten und die Kardinäle dazu auf, gegen den seines Amtes unwürdigen Papst ein Konzil einzuberufen. Der Papst antwortete mit einem offenen Brief, in dem er den Kaiser als Ungläubigen und Gotteslästerer bezeichnete. Am Ende dieses Manifestes wird Friedrich unterstellt, er habe behauptet, die Menschheit sei von drei Betrügern, Jesus Christus, Moses und Mohammed, hintergangen worden, von denen zwei in Ehren, einer aber am Kreuz gestorben sei. Außerdem habe der Kaiser die Inkarnation Gottes und die Jungfrauengeburt als Ammenmärchen bezeichnet. Friedrich wies diese Anschuldigungen zurück und bezeichnete Gregor IX. als den Antichrist. Um seine christliche Gesinnung zu demonstrieren, ignorierte Friedrich am Weihnachtstag 1239 nicht nur das Interdikt und betrat eine Kirche, sondern er bestieg im Pisaner Dom sogar die Kanzel und hielt eine Predigt.
 
Die deutschen Fürsten lehnten es ab, den Bann verkündigen zu lassen, und boten sich als Vermittler an. Auch König Ludwig IX. von Frankreich wollte den Anklagen des Papstes gegen den Kaiser keinen Glauben schenken. Er betonte vielmehr, Friedrich habe einen Kreuzzug auf sich genommen und sei ein frommer Mann. Ludwig weigerte sich, für den Papst gegen den Kaiser Krieg zu führen, was nur den Stuhl des Papstes erhöhen werde, der alle weltlichen Fürsten als seine Knechte ansehe.
 
Neben diesem Propagandakampf gab es auch politische und militärische Maßnahmen des Kaisers. Er annektierte die Mark Ancona und das Herzogtum Spoleto und plante, auch Rom und den Rest des Kirchenstaats einem zentralistisch regierten Königreich Italien einzuverleiben. Die Einwohner Roms waren schon bereit, dem Kaiser die Tore zu öffnen, als der Papst in einer großartigen Inszenierung die Reliquien der Apostel Petrus und Paulus aus der Lateranbasilika in die Peterskirche trug und die Heiligen anrief: »Verteidigt Ihr Euer Rom, wenn es die Römer nicht verteidigen wollen!« Das Volk war tief beeindruckt und nahm aus der Hand des Papstes das Kreuz zum Kampf gegen den Kaiser. Friedrich zog darauf nach Süditalien ab. Auch in Deutschland war ein päpstlicher Legat bemüht, ein Bündnis gegen den Kaiser zustande zu bringen und die Erhebung eines Gegenkönigs zu erreichen — vorerst aber ohne Erfolg.
 
Ein allgemeines Konzil sollte den Bann gegen den Kaiser unterstützen; es wurde für Ostern 1241 einberufen. Friedrich war sich darüber klar, dass dieses Konzil über ihn zu Gericht sitzen werde; er drohte, er werde es zu verhindern wissen. Als die Prälaten aus Spanien, Frankreich und Oberitalien per Schiff nach Rom kommen wollten, griffen die Flotten Pisas und Siziliens diese am 3. Mai 1241 bei der Insel Montecristo, südöstlich von Elba, an. Mehr als 100 Prälaten wurden gefangen genommen und nach Apulien gebracht. Dieser Erfolg erwies sich aber als Pyrrhussieg: Die Beeinträchtigung der Freiheit der Kirche, indem der Kaiser die Reise der Bischöfe zu ihrem Oberhaupt verhinderte und das Zustandekommen eines Konzils unterband, empörte die kirchlich Gesonnenen im gesamten abendländischen Westen. Aber noch war Friedrich militärisch erfolgreich; er eroberte den Kirchenstaat und war gerade im Begriff, Rom einzunehmen, als im August 1241 Gregor IX. starb.
 
Prof. Dr. Wilfried Hartmann
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Papsttum: Höhepunkt und Fall der päpstlichen Macht im Mittelalter
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Investiturstreit und Kirchenreform: Macht und Glaube
 
 
Abulafia, David: Friedrich II. von Hohenstaufen. Herrscher zwischen den Kulturen. Aus dem Englischen. Taschenbuchausgabe München 1994.
 Boockmann, Hartmut: Stauferzeit und spätes Mittelalter. Deutschland 1125-1517. Neuausgabe Berlin 1994.
 Engels, Odilo: Die Staufer. Stuttgart u. a. 61994.
 
Handbuch der Kirchengeschichte, herausgegeben von Hubert Jedin. Band 2 und 3. Sonderausgabe Freiburg im Breisgau u. a. 1985.
 Keller, Hagen: Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont. Deutschland im Imperium der Salier und Staufer 1024 bis 1250. Frankfurt am Main u. a. 1990.
 Opll, Ferdinand: Friedrich Barbarossa. Darmstadt 31998.
 Schaller, Hans Martin: Kaiser Friedrich II. Verwandler der Welt. Göttingen 31991.
 Schaller, Hans Martin: Stauferzeit. Ausgewählte Aufsätze. Hannover 1993.

Universal-Lexikon. 2012.

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